Le Monde

by Niki De Saint-Phalle und Jean Tinguely

Material

Bemaltes Polyester, Eisen und Motor; 430 x 185 x 160 cm

Datierung

1989

Über das Kunstwerk

“Le Monde”, zu deutsch „die Welt“, aus dem Jahre 1989 ist eine Kollaboration der beiden Künstler Niki de Saint-Phalle und Jean Tinguely. Während die weiblich geformte Skulptur von de Saint-Phalle geschaffen wurde, hat Tinguely den kinetischen Sockel entworfen. „Die Welt“ ist ein Motiv, welches ursprünglich aus dem Bereich der Tarot-Karten stammt, ein Thema, für das sich de Saint-Phalle sehr interessierte.
1978 begann die Künstlerin mit der Realisierung eines Traumes, welcher sie schon lange in seinen Bann gezogen hatte: In Garavicchio, in der Toskana, wollte de Saint-Phalle ihren „Giardino dei Tarocchi“ verwirklichen, einen Garten, geschmückt mit Skulpturen, welche den Tarot-Karten der grossen Arkana nachempfunden waren. Als Inspiration dienten de Saint-Phalle zahlreiche ähnliche Projekte, bei welchen Künstler ihre eigene kleine Welt geschaffen hatten. Allen voran hatte sie Gaudis Park Güell in Barcelona beeindruckt, welcher sie auch dazu animierte, verschiedenste Materialen und Objekte in ihre Skulpturen zu integrieren. Über ihren Besuch des Park Güell sagte Niki de Saint-Phalle rückblickend: „An diesem Tag realisierte ich meine Bestimmung. Es veränderte mein Leben. Ich fühlte mich wie der heilige Paulus der das Licht erblickt hatte! Es wurde mir klar…dass auch ich einen Garten der Freude erschaffen musste. Einen Garten, wo die Menschen frei und glücklich sein konnten. Einen magischen Garten.“ Schlussendlich verwirklichte sie in ihrem Garten über 20 Skulpturen, welche zum Teil monumentale Ausmasse annahmen. Jede Skulptur hat ihren ganz eigenen mystischen Hintergrund, welcher von der entsprechenden Tarot-Karte herrührt. Der „Giardino dei Tarocchi“ war de Saint-Phalles Lebenswerk, für einige Zeit wohnte sie sogar in einer der Skulpturen im Garten. Bis an ihr Lebensende war sie aktiv bei der Gestaltung des Gartens beteiligt, doch kurz vor ihrem Tod äusserte sie den Wunsch jegliche Arbeiten daran einzustellen.
Das hier gezeigte Werk, „Die Welt“, ist normalerweise die letzte Karte des Tarot-Sets. De Saint-Phalle verwirklichte „die Welt“, wie auch die anderen 21 Motive der Tarot-Karten, auf ihre ganz eigene Art und Weise. Auf einem weissen, die Welt repräsentierendem Ei, balanciert eine ihrer berühmten Nanas, welche durch eine goldene Schärpe verhüllt wird. Eine regenbogenfarbene Schlange windet sich, von der Welt ausgehend, um das Bein der Nana und verbindet so die drei Einzelteile zu Einem. Die Schlange existiert nicht auf der traditionellen Tarot-Karte und fungiert als de Saint-Phalles persönlicher Talisman. Sie findet in mehreren ihrer Skulpturen Verwendung und repräsentiert in gewissen Kulturen eine kosmische Urenergie, die ewig kreisend und strömend das Universum belebt. Die goldene Schärpe verhüllt die Zweigeschlechtlichkeit der Nana, welche einem ohne Schulung in der Tarot-Tradition nicht bewusst wäre. Durch die Vereinigung der beiden entgegengesetzten Geschlechter erfüllt sie die Tarot-Aufgabe der Unteilbarkeit. Nicht umsonst steht die „Welt“-Karte für Vollständigkeit, Ganzheit und Entfaltungsmöglichkeiten.
Gerade für de Saint-Phalle mit ihrer bewegenden Biographie stellte „Die Welt“ eine Schlüsselfigur dar. Sie realisierte schon früh, dass sie als Frau in der damaligen Gesellschaft die Rolle einer Aussenseiterin innehatte. Nicht ohne Grund formte de Saint-Phalle vor allem weibliche Figuren und vertrat feministische Ansichten. Der Missbrauch durch ihren Vater im Kindesalter schürte ihre negativen Gefühle gegenüber den traditionellen Rollenbildern zusätzlich. „Die Welt“, welche die beiden Geschlechter vereint und in Zusammenarbeit mit ihrem zweiten Ehemann Jean Tinguely entstand, hat somit etwas Versöhnliches.
Jean Tinguely, welcher für den kinetischen Sockel der Skulptur verantwortlich ist, war eine der wichtigsten Ansprechpersonen und Inspirationsquellen für de Saint-Phalle. Das Paar verstand sich nicht nur auf einer persönlichen, sondern auch auf einer künstlerischen Ebene. Nicht umsonst gibt es zahlreiche Kollaborationen der beiden. Wie für den kinetischen Künstler Tinguely üblich, ist der Sockel aus grossen gebogenen und verdrehten Metalteilen zusammengesetzt und enthält einen Antrieb, welcher „die Welt“ auf Knopfdruck rotieren lässt.

Über die Künstler

Catherine Marie-Agnes Fal de Saint-Phalle, oder Niki – wie ihr bevorzugter Name lautet – wuchs in einer Klosterschule auf, wo sie auch ausgebildet wurde. In ihrer frühen Karriere modelte sie für Magazine wie Vogue, Life oder andere Zeitschriften, während sie mit verschiedenen Kunstformen und Medien experimentierte. Im Alter von 22 Jahren kehrte de Saint-Phalle mit ihrem Ehemann und ihrer Tochter nach Frankreich zurück, wo sie Theater und Schauspielerei studierte.
Auf Reisen durch Europa entwickelte die Künstlerin ein Interesse an Plastik und Architektur – insbesondere an den Werken von Antoni Gaudí und Ferdinand Cheval. Während sie sich im Spital von einem schweren Nervenzusammenbruch erholte, begann de Saint Phalle mit der Arbeit an Collagen aus Geröll, Blätter und gefundenen Materialien. Ein Freund brachte ihr Wasserfarben und Pinsel und sie entwickelte ihren eigenen Stil durch die Kombination von Malerei und Assemblage.
Nach einer Serie von Gouachen experimentierte die Künstlerin mit Öl und verschiedenen kommerziellen Farben und studierte begeistert die Arbeiten der Meister des 20. Jahrhunderts wie Miró, Klee, Leger, Picasso und Matisse, welche ihr als Inspirationsquelle dienten. Ihre originelle Form der Selbstdarstellung half ihre persönliche Krisen und Gesundheitsprobleme zu überwinden und Zeit ihres Lebens, war die Kunst ihr Mittel um Gefühle, Emotionen, Träume und Alpträume zu bewältigen.

Catherine Marie-Agnes Fal de Saint-Phalle, oder Niki – wie ihr bevorzugter Name lautet – wuchs in einer Klosterschule auf, wo sie auch ausgebildet wurde. In ihrer frühen Karriere modelte sie für Magazine wie Vogue, Life oder andere Zeitschriften, während sie mit verschiedenen Kunstformen und Medien experimentierte. Im Alter von 22 Jahren kehrte de Saint-Phalle mit ihrem Ehemann und ihrer Tochter nach Frankreich zurück, wo sie Theater und Schauspielerei studierte.

Auf Reisen durch Europa entwickelte die Künstlerin ein Interesse an Plastik und Architektur – insbesondere an den Werken von Antoni Gaudí und Ferdinand Cheval. Während sie sich im Spital von einem schweren Nervenzusammenbruch erholte, begann de Saint Phalle mit der Arbeit an Collagen aus Geröll, Blätter und gefundenen Materialien. Ein Freund brachte ihr Wasserfarben und Pinsel und sie entwickelte ihren eigenen Stil durch die Kombination von Malerei und Assemblage.

Nach einer Serie von Gouachen experimentierte die Künstlerin mit Öl und verschiedenen kommerziellen Farben und studierte begeistert die Arbeiten der Meister des 20. Jahrhunderts wie Miró, Klee, Leger, Picasso und Matisse, welche ihr als Inspirationsquelle dienten. Ihre originelle Form der Selbstdarstellung half ihre persönliche Krisen und Gesundheitsprobleme zu überwinden und Zeit ihres Lebens, war die Kunst ihr Mittel um Gefühle, Emotionen, Träume und Alpträume zu bewältigen.

Jean Tinguely (auch: Jeannot; * 22. Mai 1925 in Freiburg/Fribourg; † 30. August 1991 in Bern; heimatberechtigt in La Roche, Pont-la-Ville und Basel, ab 1985 Ehrenbürger von Freiburg/Fribourg) war ein Schweizer Maler und Bildhauer des Nouveau Réalisme. Er gilt als einer der Hauptvertreter der kinetischen Kunst. Tinguely wurde vor allem durch seine beweglichen, maschinenähnlichen Skulpturen bekannt.

Tinguely wuchs im Basler Gundeldinger-Quartier auf und besuchte zunächst die Schulen in Basel, bevor er sich von 1941 bis 1944 als Dekorateur ausbilden liess und Kurse an der Allgemeinen Gewerbeschule Basel belegte. In dieser Zeit lernte er Daniel Spoerri kennen, mit dem er an einem Theaterprojekt arbeitete.

1951 heiratete Tinguely Eva Aeppli, mit der er im darauf folgenden Jahr nach Paris zog. Kurz nachdem Tinguely 1955 in die Impasse Ronsin, nahe Constantin Brâncușis Atelier, gezogen war, lernte er Yves Klein und Niki de Saint Phalle kennen, die er 1971 in zweiter Ehe heiratete. Mit dem Eisenplastiker Bernhard Luginbühl verband ihn eine langjährige Freundschaft. Mit ihm und weiteren Künstlern sowie mit seiner Frau Niki de Saint Phalle realisierte er diverse gemeinsame Projekte. Zur Verbreitung des Werks von Tinguely trugen wesentlich die Galeristen Iris Clert in Paris und Alexander Iolas in New York bei.

Tinguely hatte bereits in seinem ersten Beruf Drahtfiguren als Schaufenster-Dekorationen eingesetzt. Seine ersten freien Kunstwerke griffen dieses Mittel wieder auf. Erstmals 1954 setzte er diese Figuren in Bewegung. Er begann sein umfangreiches Werk mit zerbrechlichen und zittrigen Draht-Blech-Kompositionen. Die Blechteile besitzen meist eine bunte Bemalung. In seinen Maschinenplastiken griff er abstrakte Elemente von Kasimir Malewitsch, Wassily Kandinsky und Auguste Herbin auf und ging über sie hinaus, indem er “die definitive Farb-Form-Konstellation, bisher eine Selbstverständlichkeit, infrage stellte”. 1955 erfand und baute Tinguely Zeichenautomaten, die auf Papierformaten und -bahnen maschinelle Zeichnungen anfertigen konnten. Wenn diese den Stil von Jackson Pollock oder Georges Mathieu nachahmten, “ironisiert Tinguely den Werkprozess und das Künstlergenie”. Tinguelys beweglichen Plastiken werden vom Betrachter als höchst aktiv, anrührend, heiter und verspielt, oft als witzig und manchmal auch als melancholisch erlebt. 1960 wurde er Mitglied der Künstlervereinigung der Nouveaux Réalistes, die sich in diesem Jahr unter der Leitung von Pierre Restany gründete. Im selben Jahr begann er «Fundgegenstände» in seinen Werken zu verarbeiten.

Aufsehen erregte ebenfalls 1960 eine gigantische Maschine im Garten des Museum of Modern Art, New York, die aus Schrott zusammengesetzt in der Lage war, sich selbst zu zerstören. Diese autodestruktive Kunst stand im Kontext von Gustav Metzgers “Manifest der autodestruktiven Kunst”.

In den folgenden Jahren entwickelte er – häufig in Kollaboration mit Künstlerkollegen – grosse, bewegliche Maschinen. Sie werden “als kreativer Umgang mit dem Industriematerial und als zeitgemässer künstlerischer Ausdruck des Maschinenzeitalters” verstanden, sollen aber nach der Aussage des Künstlers auch “Kritik an der Gleichförmigkeit industrieller Vorgänge und der Produktion von unnützen Dingen” darstellen. 1977 beginnt Tinguely mit dem Entwurf von Brunnen, fließendes, spritzendes und im Winter gefrierendes Wasser gewinnt einen immer größeren Anteil an seinem Werk. Ab 1981 nimmt Tinguely auch tierische Materialien in seine Installationen auf. Knochen, Schädel und Hörner werden auf Motorradschrott montiert, mit dem ein Fahrer bei einem Unfall ums Leben gekommen war. So verweist Tinguely auf Vergänglichkeit und Tod. Nach der Identifizierung der Leiche Josef Mengeles 1986 entsteht das “Mengele-Totentheater”, eine mehrteilige Installation aus dem Schutt eines abgebrannten Bauernhauses. Eine für die Frankfurter Zeil vorgesehene Brunnengestaltung mit einer skelettierten Rinderherde aus Stahl in einem Wasserbassin (Totentanz) wurde wegen einer Erkrankung Tinguelys nicht mehr realisiert.

In seinem Spätwerk erweitert Tinguely seine künstlerischen Ausdrucksformen um den Faktor Licht. 1991 entsteht der Luminator, eine Lichtskulptur für den Bahnhof Basel SBB, die – nach einem Umbau – im Flughafen Basel-Mülhausen (Schweizer Seite im Obergeschoss) gegenwärtig aufgestellt ist.

Er nahm mit Niki de Saint Phalle 1962 an der Ausstellung Dylaby in Amsterdam teil und war auf der documenta III in Kassel im Jahr 1964, auf der 4. documenta im Jahr 1968 sowie auf der documenta 6 (1977) als Künstler vertreten. Er genoss internationalen Ruf und erhielt 1976 den Wilhelm-Lehmbruck-Preis der Stadt Duisburg und 1980 den Kunstpreis der Stadt Basel. 1990 fand in Moskau eine Tinguely-Ausstellung in der Tretjakow-Galerie statt.

In seinem letzten Lebensjahr schuf Tinguely die Gross-Hängeskulptur La Cascade in Charlotte (North Carolina) in den USA.

Jean Tinguely starb 1991 im Alter von 66 Jahren im Inselspital in Bern an einer Herzkrankheit. Er ist auf dem Friedhof von Neyruz, Kanton Freiburg, in der Schweiz begraben, wo er sich 1968 niedergelassen hatte. Auf seinem Grab ist eine bewegliche Installation platziert.

In Tinguelys Heimatstadt Basel ist seit 1996 ein Grossteil seiner Werke in dem nach ihm benannten Museum Tinguely ausgestellt.