Figure on Baby

by Keith Haring

Material

Blau bemalter Stahl; 365.8 x 209.6 x 251.8 cm

Datierung

1987

Über das Kunstwerk

Denkt man an Keith Harings Kunst, kommen einem vor allem seine farbenfrohen, comicähnlichen Figuren in den Sinn. Seine gezeichneten Männlein, Hunde, Fernseher und Ufos haben ihre Vorbilder bei Walt Disneys Kreationen, Dr. Suess oder animierten Figuren wie Bugs Bunny oder Duffy Duck, welche den Künstler mit ihrer bunten Farbenwelt schon als Kind faszinierten. Sie haben einen so hohen Wiedererkennungswert, dass sie quasi zu seiner Signatur wurden, einem Symbol, welches sein Werk und sein Schaffen charakterisiert. So wurden sie zu einem idealen Marketingwerkzeug, welches ihn weit über die Kunstwelt hinaus bekannt machte. Dabei darf man nicht vergessen, dass er diesen Trend als Graffiti in New Yorker U-Bahnstationen startete und so einem zuvor verpönten Phänomen zu plötzlichem Ruhm verhalf. Das Ironische dabei ist, dass Haring seine Figuren, welche er später so erfolgreich vermarktete, auf schwarz-überklebte Plakatwände zeichnete und sie als „Subvertising“ bezeichnete. Mit der Zeit entstand ein riesiger Rummel um diese illegalen U-Bahn Männchen. Haring gehörte eben zu den Künstlern, die ganz genau wussten, wie man sich zu vermarkten hatte.
1985, an einer Ausstellung in der Green Street Gallery in New York, zeigte Haring zum ersten Mal seine eindrücklichen Skulpturen. Dies war ein wichtiger Schritt in der Karriere des Künstlers, da er seinem unvergleichlichen Stil eine weitere Ausdrucksmöglichkeit hinzufügte und er damit seine Comic-Bilder endgültig als ernsthafte Kunst etablierte. Haring sagte dazu: „Ein Bild ist bis zu einem gewissen Grad nur die Illusion eines Materials. Aber sobald man dieses Objekt aus Stahl formt und es aufrichtet, dann ist es ein richtiges Objekt, ich meine, es könnte dich töten… Es strahlt eine Macht aus, die ein Bild nicht besitzt. Man kann es nicht verbrennen. Es würde wahrscheinlich sogar eine nukleare Explosion überstehen. Es vermittelt dieses Gefühl von Ewigkeit, dass es viel länger existieren wird als ich, somit gibt es einem dieses Gefühl von Unsterblichkeit. Alles was man macht geht doch irgendwie einher mit diesem Streben nach Unsterblichkeit.“
Seine Skulpturen, welche er aus Stahl schnitt und dann in leuchtenden Farben lackierte, waren ursprünglich dazu gedacht, mit dem Betrachter zu interagieren. Darum schliff er auch alle Kanten fein säuberlich ab und stellte sie an öffentlichen Plätzen auf. Dieser direkte Bezug zum Betrachter widerspiegelt sich in der Einfachheit seiner Technik und der Klarheit und dem Fluss seiner Linienführung, welche Haring schon bei den Werken von Alexander Calder, Jean Dubuffet und Pierre Alechinsky so bewunderte. Mit seinen eigenen, leicht zugänglichen Werken wollte er den Leuten seine Kunst und die sozialkritische Botschaft, die sie transportiert, näher bringen. Die Skulptur als Medium bot ihm dazu mehr Gelegenheit als alles andere zuvor.
Die hier gezeigte Skulptur besteht aus zwei Figuren, wobei vor allem die untere der beiden interessant ist. Das sogenannte „Baby“ gehört zusammen mit dem für Haring typischen „Hund“ zu seinen absoluten Markenzeichen. Als er damals in den 80er Jahren die Plakatwände in den U-Bahnen verzierte, gehörten diese beiden Symbole zu den am meisten gezeichneten und sorgten für einen unglaublichen hohen Wiedererkennungswert. Haring bezeichnete die beiden Figuren als sein „tag“, also seine Unterschrift in der Graffiti-Sprache: „Ich begann diese beiden Dinge als mein tag zu zeichnen: ein Tier, das immer mehr wie ein Hund aussah…und ein Mensch auf allen vieren, der aus meiner Sicht einfach nur ein kriechender Mensch war. Je häufiger ich ihn zeichnete und je grösser der Kopf in Proportion zum Körper wurde, desto häufiger war er für andere ein Baby.“ Die Beiden wurden zu seinen wichtigsten Symbolen und waren Wegbereiter für seinen Erfolg.

Über den Künstler

1978, in der Blütezeit des Graffitis, ging Keith Haring nach New York. Dank seiner schnell identifizierbaren, formelhaften Bildzeichen, seiner einfachen Malweise und seinen fantasiereichen Szenerien avancierte er schnell zu einem der wichtigsten Vertreter der Graffitiszene. In den 1980er Jahren realisierte er einige Projekte mit Andy Warhol. Harings Bildwelt ist zweidimensional, auch wenn er sich an Skulpturen versucht. Seine Figuren sind vom Fernsehen inspiriert, vor allem von Zeichentrickfilmen. Einfache Zeichen, klare Konturen, wenige, dafür leuchtende und signalhafte Farben ermöglichen eine schnelle Wahrnehmung, wie sie von den Graffiti-Künstlern angestrebt wird.
Keith Haring hat während seiner kurzen aber steilen Karriere in mehr als 100 Einzel- und Gruppenausstellungen ausgestellt. 1986 eröffnete er den Pop-Shop in Soho, wo T-Shirts, Spielzeug, Poster, Buttons und Magnete mit seinen Zeichnungen verkauft wurden. Haring sah in dem Geschäft eine Erweiterung seiner Kunst und wollte den Leuten den Zugang zu seinem Schaffen erleichtern, welches nun zu günstigen Preisen erhältlich war. Seine Idee stiess in der Kunstwelt auf Kritik, aber von Freunden und Fans, darunter auch Andy Warhol, erfuhr er grosse Unterstützung. 1988 wurde bei Haring Aids diagnostiziert. Daraufhin gründete er die Haring Foundation, welche verschiedene Organisationen und speziell auch Programme für Kinder mit Aids unterstützte.