Guardians (sirena alpina)
by Mirko Baselgia
Material
Murmeltieferfell, Metall, Radarsensoren, Lautsprecher, Audiofile; 44.00 cm
Datierung
2009
Über das Kunstwerk
Guardians (sirena alpina) – wie Mahnmale für einen differenzierten Umgang des Menschen mit der Natur stehen sie da, seine «Murmeltiere».
Über den Künstler
Mirko Baselgia (1982) wächst in Lantsch/Lenz (GR) auf. Nach einer Ausbildung zum Hochbauzeichner studiert er 2005–2010 an der Zürcher Hochschule der Künste. Ab 2003 regelmässig Ausstellungsbeteiligungen; Einzelausstellungen: Bündner Kunstmuseum Chur (2013), Kunstmuseum Olten (2014), Kloster Schönthal, Langenbruck (2014), Kunst in der Krypta, Grossmünster Zürich (2017), Abbatiale de Bellelay (2018). Verschiedene Auszeichnungen und Preise, wie Kiefer-Hablitzel-Stipendium (2012) und Manor-Kunstpreis Chur (2013). Nach längerem Aufenthalt in Zürich und verschiedenen Atelierstipendien ist er 2018 wieder in seine Heimat in Graubünden zurückgekehrt.
Mirko Baselgia arbeitet mit Vorliebe in und aus dem Kontext, in dem er lebt, und mit den Produktionsbedingungen, die ihm zur Verfügung stehen. Obwohl sich seine Arbeitsweise in den vergangenen Jahren mehrfach geändert hat, spielen die ländlich-alpine Umgebung und die Natur, der Lebensraum von Mensch und Tier stets eine tragende Rolle in seinem Schaffen. Er legt sich auf kein Medium, keine Formensprache und kein bestimmtes Material fest, sondern entwickelt jedes Werk von Grund auf neu.
Die scheinbar disparate Erscheinung der Arbeiten liegt darin begründet, dass die jeweilige Form in Abhängigkeit verschiedener Faktoren entsteht und der Künstler in die Gestaltung seiner Werke andere Fachkräfte ebenso wie Tiere oder natürliche Prozesse einbezieht. Kunst und Natur, Mensch und Tier – alle sind gleichermassen Protagonisten und prägen die Arbeiten Baselgias. Der Künstler führt vor, dass das Handeln jedes Einzelnen oder einer Gemeinschaft Raum bildet und als plastischer Prozess wahrgenommen werden kann.
Mirko Baselgia thematisiert Raum weder als abstrakte Grösse noch als feste Gegebenheit, sondern als Resultat der Aktion und Interaktion von Individuen in einem bestimmten Gefüge. Jedes seiner Werke umkreist letztlich die Frage nach den Bestimmungen des Raumes und erweitert so den tradierten Begriff von Skulptur. Anders als die soziale Plastik von Josef Beuys manifestieren sich die skulpturalen Vorstellungen von Mirko Baselgia nicht in theoretischen Diskursen, sondern in sinnlich erfahrbaren Werken, die den Raum immer wieder neu erfahrbar machen: So stossen seine Guardians (2013) Warnsignale von Murmeltieren aus und definieren damit Raum als Territorium; seine Hirtenstäbe mit den Insignien des Alphabets setzt er als Metaphern an den Anfang der Kultivierung der Erde (Bastung digl Paster – Aleph/Beth, 2013); in seinen Stadtplänen können die Strukturen des Strassenrasters als Ausdruck zivilisatorischer Entwicklungen gelesen werden (Democratic Grid – Athen, 2011; Industrial Imprisonnement – London, 2011) ebenso wie das raumgreifende Modell des Eisenbahnnetzes aus den USA von der Erschliessung des Landes und einer neuen Prägung der Landschaft durch die Verkehrswege zeugt (American Railroads, 2018). Mirko Baselgia untersucht die Lebensräume, die sich Tiere unter verschiedenen Bedingungen schaffen, um die existentielle Bedeutung des Raumes als plastische Form sichtbar zu machen (Lupus, 2011; Endoderm, 2012–2013; Midada da structura, 2012). Er zeigt weiter auf, dass sich die Ordnung des Raumes stets wandeln kann und keinen übergeordneten Gesetzmässigkeiten folgt (Restructuraziun, 2014). Die sinnlichen und geistigen Prozesse führen Mirko Baselgia zu einer stets neuen Wahrnehmung des Verhältnisses der Lebewesen zueinander und zu ihrer Umgebung. In seinen sinnbildhaften Werken macht er deutlich, dass sein künstlerisches Interesse über eine erweiterte Definition des Raumes hinausgeht und wesentlich durch eine geschärfte Selbstwahrnehmung und den Fragen nach dem Subjekt bestimmt wird, das in politischen, ökonomischen und ökologischen Zusammenhängen lebt und handelt. Raum hat für Mirko Baselgia immer auch soziale Dimensionen.